
Von Staatszerlegung, Macht und Gerrymandering. Sind die Instrumente der US-Demokratie autokratisch? – Antworten und Aussichten lieferte Dr. Andreas Etges am 6. November 2025 im Husumer Schloss beim Herbstvortrag der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Husum (DAG).
Dr. Andreas Etges ist derzeit ein viel gefragter Fachmann. Der Wissenschafter, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München zur Ideengeschichte der USA forscht, war am 6. November zu Gast im Husumer Schloss.
Zerlegug des US-Staats
„Die Trumpregierung zerlegt den administrativen Staat“, sagte Etges und erläuterte, wie das geschieht. Schon zuvor wurde der öffentliche Diskurs mit abstrusen Behauptungen und Falschinformationen strategisch überflutet, sodass Presse und Opposition keine Zeit mehr hatten, angemessen zu reagieren. Gleichzeitig lässt Trump nun viele Institutionen und Behörden abwickeln. Dadurch steige die Korruption, so Etges, denn entlassene Beamte in Finanz- und anderen Ämtern könnten auch weniger Steuerbetrügereien und Misswirtschaft aufdecken. Gleichzeitig würden verbliebene Resteinrichtungen mit Vertrauten besetzt. Aufgrund von Budgets, die noch von der letzten Regierung stammten, würden sich die neuen Verantwortlichen dann in einem Fall sogar Jahresgehälter von bis zu einer halben Million US-Dollar zahlen.
Uneingeschränkte Macht
Etges erklärte, wie die Macht des US-Präsidenten durch den Obersten Gerichtshof in einem Grundsatzurteil vom 1. Juli 2024 gestärkt wurde. Darin heißt es, dass der US-Präsident sowie frühere Präsidenten weitgehend immun sind gegen Strafverfolgung für Taten, die sie als offizielle Amtshandlung begangen haben.
Ähnlich verhält es sich mit einem Urteil, das der Supreme Court am 27. Juni 2025 gefällt hatte. Einzelne Bundesgerichte dürfen die Dekrete des Präsidenten nun nicht mehr so einfach außer Kraft setzen oder einschränken. Damit werde Trumps Macht und auch die Macht aller zukünftigen Präsidenten weiter gestärkt, so Etges.
Gerrymandering
Etges erläuterte, welche Dimensionen das in den USA geläufige „Garrymandering“ bereits angenommen habe. Dort können nämlich Wahlbezirke von einer Partei, die gerade an der Macht ist, so zugeschnitten werden, dass nur Mehrheiten im Interesse dieser Partei entstehen. Von einer solchen Wahlkreisreform verspricht sich der Staat Texas derzeit fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus, die bei den nächsten Zwischenwahlen (Midterms) erreicht werden sollen. Als Reaktion darauf drohen die Demokraten ihrerseits mit einer Wahlkreisreform in Kalifornien, um entsprechende Ausgleichssitze zu erhalten.
Shutdown und kein Ende
„Seit gestern erleben wir den längsten Shutdown der US-Geschichte“, sagte Etges zur aktuelle US-Haushaltssperre. Die Republikaner wollen Kürzungen bei der Grund- und Gesundheitsversorgung. Die Demokraten lassen das nicht mit sich machen. Weil so kein Haushalt verabschiedet werden kann, trat am 1. Oktober eine Zahlungssperre in Kraft. Seitdem müssen hunderttausende Beamte ohne Gehalt arbeiten.
Gewaltige Aussichten für die Zunkunft
Etges meinte, dass Trump an einer Eskalation arbeite, um dann Gründe für ein gewaltsames Vorgehen seiner Armee und Nationalgarde zu haben. Damit würde er seine Macht weiter festigen.
Gleichzeitig erlebten die USA aber auch Proteste wie die ‚No-Kings-Bewegung‘, bei der Millionen friedlich gegen Trump und dessen zunehmende Macht auf die Straße gingen, so Etges. Doch das politische Klima halte auch verstärkt Menschen davon ab, für Ämter zu kandidieren. Sie fürchteten politische Verfolgung für sich und Angehörige.
Etges geht nicht davon aus, dass Trump ein drittes Mal für das Präsidentenamt kandidieren werde. Das verbiete die US-Verfassung und wohl auch Trumps Alter. Ob Trump aber als Vizepräsident antrete, sei nicht ausgeschlossen.
Trumps Umfragewerte sind derzeit im Keller. Etwas Hoffnung machten Etges die am Dienstag abgehaltenen Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey sowie die Bürgermeisterwahl in New York. Deutliche Gewinner sind allesamt die Demokraten.
